Stress – ein Saboteur unseres Wohlbefindens und unserer Beziehungen
Stress ist kein Fremdwort. Er schleicht sich in unser Leben durch zu volle Terminkalender, unerledigte Aufgaben, Push-Nachrichten, ständige Erreichbarkeit, familiäre und soziale Verpflichtungen sowie finanzielle Sorgen. Während wir versuchen, alles unter einen Hut zu bringen, bemerken wir oft nicht, wie sehr Stress unser Wohlbefinden und unsere Beziehungen belastet – und manchmal sogar gefährdet.
Der Psychologe Guy Bodenmann (2016) beschreibt in seinem Buch „Bevor uns der Stress scheidet“, dass rund die Hälfte aller Partnerschaften scheitert – häufig auch unter der Last von Stress. Warum? Stress verändert unser Verhalten. Wir werden nicht nur müde, sondern auch ungeduldiger, gereizter, egozentrischer und teilweise emotional distanzierter. Wir hören schlechter zu, fühlen uns schneller angegriffen, verlieren den emotionalen Zugang zueinander, kleine Reibereien eskalieren, Zärtlichkeiten bleiben aus. Auch Esther Perel, renommierte Psychotherapeutin und Autorin, betont: Intimität braucht Freiraum – und den raubt uns chronischer Stress.
Resilienz hilft. Woher kommt der Begriff Resilienz aber eigentlich? Der Begriff stammt ursprünglich aus der Materialforschung: Er bezeichnet die Belastung eines Materials – und die Frage, wie viel es aushalten kann, bevor es bricht. Übertragen auf uns Menschen: Auch wir geraten unter Druck – durch äussere oder sogar innere Anforderungen. Die Frage ist also: Wie resilient und widerstandsfähig sind wir gegenüber den Anforderungen unseres Alltags? Kritische Lebensereignisse können zu Stress führen – sowohl positive als auch negative (Hochzeit, Kinder, neuer Job, Umzug, ein Haustier, aber auch Verlust, Trennung, Arbeitslosigkeit). Oft ist es aber die Summe aller Dinge und was wir nicht wollen, ist unter diesem Druck brechen. (Thun-Hohenstein, L., Lampert, K., & Altendorfer-Kling, U., 2020)
Stress kann in unterschiedlichsten Bereichen entstehen: Job, Familie, Herkunftsfamilie, soziale Beziehungen oder auch durch innere Überzeugungen („Ich muss perfekt sein“, „Ich darf keine Schwäche zeigen“). Manchmal sind es auch kleine, an sich unbedeutende Dinge wie die Alltagsorganisation etc., die wir alle unter einen Hut bringen müssen.
Was kannst du also tun?
- Erkenne deine Stressoren: In welchen Lebensbereichen erlebst du gerade Druck bzw. Stress? Was stresst dich gerade am meisten?
- Sprich darüber – ehrlich und verbindend – mit dir selbst und deiner Partner:in: Wo fühlst du dich unter Druck gesetzt? Was stresst dich am meisten? Wie denkst du darüber, welche Gefühle entdeckst du dabei? Welche Bedürfnisse an Unterstützung hast du – emotionale oder sachliche? Brauchst du ein offenes Ohr und aufmerksames Zuhören oder aktive Unterstützung bei einer Lösungsfindung?
- Plane bewusst „Inseln der Entlastung und fürs Energietanken“: Spaziergänge, Atem- und Trinkpausen (wie im Sport), Bewegung, Gespräche mit Freunden, kulturelle oder kreative Aktivitäten – kleine Rituale können grosse Wirkung haben.
- Reflektiere innere Glaubenssätze: Muss wirklich alles perfekt sein? Muss wirklich alles sitzen? Muss ich wirklich alles selbst machen? Muss ich wirklich alles machen – oder was kann ich loslassen? Vielleicht das perfekt aufgeräumte Zimmer oder die frisch gewaschenen Haare?
Fazit
Stress lässt sich nicht immer vermeiden – aber wir können lernen, achtsamer mit ihm umzugehen. Als Begleiter und nicht als Saboteur. Das beginnt bei uns selbst – und stärkt letztlich auch unsere Beziehungen.
Buchtipps & Quellen:
Thun-Hohenstein, L., Lampert, K., & Altendorfer-Kling, U. (2020). Resilienz – Geschichte, Modelle und Anwendung. Zeitschrift für Psychodrama und Soziometrie, 19(1), 71–90. https://doi.org/10.1007/s11620-020-00524-6
Bodenmann, G. (2016). Bevor der Stress uns scheidet: Resilienz in der Partnerschaft (2., unveränd. Aufl.). Hogrefe.